Der Verspätungszuschlag als neue Geldquelle des Fiskus
Eine gesetzgeberische Dauerbaustelle
Scheidungskosten wieder abziehbar
Es tut sich etwas im Erbrecht!
Der berentete Gesellschafter-Geschäftsführer und der BFH
Sanierungsgewinne weiter steuerpflichtig?
Hund, Katze, Maus und der Fiskus
Das Bundesverfassungsgericht und die Erbschaftsteuer
Keine Liebhaberei bei Überschußabsicht
Das private Darlehen und die Einkommensteuer
In den Fängen der Steuerfahndung
Das Berliner Testament und der Pflichtteilsanspruch
Der Bundesfinanzhof (BFH) ist nun wirklich nicht für eine übertrieben steuerpflichtigenfreundliche Rechtsprechung bekannt. Aber Richter sind halt auch nur Steuerzahler und zuweilen scheinen die obersten Finanzrichter eigenes Erleben in ihre Urteile einfließen zu lassen. Falls es einen selber trifft, kann sich die Blickrichtung eben schlagartig ändern. So ist es vielleicht auch in einer jüngst ergangenen Entscheidung (Beschluß vom 25.04.2018, Az. IX B 21/18). Ein Ehepaar durfte nach Betriebsprüfung nicht nur ca. 2 Mio. € Einkommensteuern, sondern auch über 240.000 € Zinsen nachzahlen. Der über die Zinsen ergangene Bescheid war streitig und der BFH „gewährte“ die Aussetzung der Vollziehung. Die Richter stellten doch tatsächlich fest, daß die Höhe der gesetzlichen Nachzahlungszinsen - 0,5 Prozent pro Monat (§ 238 AO) - „angesichts der … bereits eingetretenen strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße“ überschreitet. Die gesetzliche Zinshöhe sei „realitätsfern“; eine sachliche Rechtfertigung hierfür gebe es nicht. Bei einem Gericht, das sonst allemal gern die Maximierung des Steueraufkommens als Rechtfertigung für alles Mögliche durchwinkt, erstaunt dies schon. Abzuwarten bleibt jetzt, wie das Bundesverfassungsgericht das Problem sieht. Über anhängige Verfassungsbeschwerden wird wohl noch in 2018 entschieden. Den Bedenken der Beschwerdeführer hat sich der BFH jedenfalls angeschlossen.
Da beim BFH, in Fragen der Zinshöhe, sogar angesichts gesetzlicher Vorschriften die wirtschaftliche Realität zur Kenntnis genommen wird, sollte dies für die vergleichbaren realitätsfernen Vorstellungen der Finanzverwaltung erst recht gelten. Man denke z.B. an die häufig vorkommende Situation, daß zwischen einem GmbH-Gesellschafter und „seiner“ GmbH ein Darlehensverhältnis besteht. Die Verwaltung hängt geradezu sklavisch an der Auffassung, daß bei solchen Verträgen eine Verzinsung von mindestens sechs Prozent p.a. vereinbart werden müßte. Ein Abweichen hiervon ist der halbe Weg zur verdeckten Gewinnausschüttung. Diese Praxis der Finanzverwaltung hat natürlich mit der wirtschaftlichen Realität im wirklichen Leben nichts zu tun. Sie ist genauso „realitätsfern“ wie § 238 AO. Wer sich gegen diese Praxis der Verwaltung wehren will, hat also in der jüngsten BFH-Entscheidung Argumentationshilfe.
Die Möglichkeiten, Arbeitnehmern im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Vorteile steuer- und/oder sozialversicherungsfrei durch den Arbeitgeber zukommen zu lassen, hat der Gesetzgeber in der Vergangenheit sukzessive zusammengestrichen. Viel geblieben ist nicht. Eine der wenigen verbliebenen Ausnahmen ist § 3 Nr. 45 EStG. Danach kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer arbeitgebereigene Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsanlagen und Software zur Nutzung überlassen. Das ist eine ziemliche Bandbreite vom PC nebst Drucker und Software bis hin zum Mobiltelefon. Ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer dies auch privat nutzt, ist unerheblich. Dies gilt sogar dann, wenn der Rest der Familie regelmäßig die Oma in Australien anruft. Auch hier ist die Nutzung des Telefons und auch die anfallenden Gebühren steuerfrei.
Wichtig ist, daß die Überlassung arbeitsvertraglich geregelt wird. Ist dies erfolgt, fließt der geldwerte Vorteil, den der Arbeitnehmer für die private Nutzung erhält, steuerfrei zu. Anders, als es etwa bei der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Firmen-Pkw ist. Dort gilt bekanntlich die 1-%-Regel, mit der man monatlich den Bruttolistenneupreis des Pkw versteuern darf. Es ist übrigens auch arbeits- und steuerrechtlich zulässig, daß sich Arbeitnehmer und Arbeitsgeber dahingehend einigen, daß PC, Drucker und Handy steuerfrei überlassen werden, unter gleichzeitiger Herabsetzung des Bruttolohns. Bei dieser Variante würde allerdings die ansonsten auch bestehende Sozialversicherungsfreiheit nicht eintreten. Es kommt immer darauf an, wer, was mit der Nutzung dieser steuerlichen Vorschrift erreichen will.
Für den Arbeitgeber kann dies durch die Heraufsetzung der Grenze für die Sofortabschreibung der sog. geringwertigen Wirtschaftsgüter (GWG) künftig noch interessanter werden. Die Sofortabschreibung ist für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2017 angeschafft wurden, bis zu einem Anschaffungspreis von 800,00 € netto möglich. Ein Großteil, der Arbeitnehmern im Rahmen des § 3 Nr. 45 EStG überlassenen Wirtschaftsgüter, dürfte unter diese Grenze fallen.
Das Bundesmisterium der Finanzen hat mit Schreiben vom 28. Juni 2018 eine Liste der Länder veröffentlicht, mit deren Finanzverwaltungen nunmehr der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) erfolgen wird. Dazu gehören neben allen Ländern der Europäischen Union eine Vielzahl von Drittstaaten, mit denen Abkommen über den Datenabgleich geschlossen wurden.
Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums, mit der Liste der teilehmenden Länder, ist einzusehen unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Service/Publikationen/BMF_Schreiben/bmf_schreiben.html.
Das Bundesfinanzministerium weist in diesem Schreiben darauf hin, daß der automatische Datenabgleich zwischen dem deutschen Fiskus und den Finanzverwaltungen der beteiligten Länder am 30. September 2018 beginnt. Für eine etwaige steuerliche Selbstanzeige bedeutet dies, daß diese tunlichst spätestens bis zum 29 September 2018 erfolgen sollte. Mit Ablauf dieses Datums, also mit Beginn des automatischen Datenabgleich am 30. September 2018, wird sich die Finanzverwaltung darauf berufen, daß aufgrund des Datenaustausches etwaige Steuerhinterziehungen, der Verwaltung ab diesem Datum bekannt geworden waren. Eine steuerliche Selbstanzeige ist natürlich auch nach diesem Datum jederzeit möglich. Es ist aber damit zu rechnen, daß diese Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung mehr haben wird.
Eine bei Immobilien recht häufig vorkommende Situation ist die folgende: Eine Immobilie, z.B. ein Einfamilienhaus, wird grundsätzlich zu Wohnzwecken des/der Eigentümer genutzt und gehört zum Privatvermögen. Ein Teil des Hauses, z.B. eine Etage oder eines oder mehrere Zimmer werden anderweitig genutzt. Eine oft vorkommende Gestaltung ist die, daß der Eigentümer/Miteigentümer Unternehmer oder Selbständiger ist und einen Teil des Hauses für eigenbetriebliche Zwecke nutzt. Auch fremdbetriebliche Zwecke (Vermietung an anderen Unternehmer) kommen durchaus vor. In all diesen Fällen geht die Rechtsprechung davon aus, daß der zu privaten Wohnzwecken und der anderweitig genutze Teil des Hauses jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter darstellen, die in unterschiedlichem Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und daher steuerlich getrennt zu betrachten sind.
Die Folge ist, daß beim unternehmerischen Eigentümer die Immobilie, entsprechend der anderweitigen Nutzung, sog. notwendiges Betriebsvermögen darstellt. Dies bedeutet, u.a., daß eine steuerfreie Veräußerung dieser „Teilimmobilie“ nach Ablauf der sog. Spekulationsfrist nicht möglich ist, da sich dieser Teil des Hauses nicht im Privat- sondern im Betriebsvermögen befindet. Sind Eigentümer ein Unternehmer und ein Nichtunternehmer, was bei Ehepaaren häufig vorkommt, so ist nur ein den Eigentumsverhältnisses entsprechender Anteil dem Betriebsvermögen zuzurechnen.
Dies alles gilt übrigens grundsätzlich auch beim häuslichen Arbeitszimer des unternehmerischen Eigentümers.
Auf zwei besondere Probleme soll hier beispielhaft hingewiesen werden:
Liegt der obige Fall vor, d.h. ein Teil des Hauses ist notwendiges Betriebsvermögen und diese besondere Nutzung wird beendet, z.B. der Unternehmer beendet seine unternehmerischen Tätigkeit, so liegt ein Fall der Privatentnahme vor. Die steuerliche Folge ist also die gleiche, als würde dieser Teil der Immobilie unternehmerisch verkauft werden.
Eine gern genutze Gestaltung, um das Problem des notwendigen Betriebsvermögens zu umgehen ist bei Eheleuten die, daß die Immobile entweder von Anfang an vom nichtunternehmerischen Ehegatten erworben wird, oder der unternehmerische Ehegatte seinen Anteil - vor Nutzung zu betrieblichen Zwecken - auf den nichtunternehmerischen Ehegatten überträgt. Dies ist steuerfrei möglich. Anschließend mietet der unternehmerische Ehegatte entgeltlich einen Teil des Hauses. Im Ergebnis bleibt die gesamte Immobilie im Privatvermögen. Hierbei ist u.a. zu bedenken, daß im Fall des Todes des Eigentümer-Ehegatten, der vormals vermietete Teil der Immobilie gleichsam mit Erbanfall notwendiges Betriebsvermögen des erbenden unternehmerischen Ehegatten wird. Dieser Fall läßt sich z.B. mit testamentarischen oder erbvertraglichen Regelungen in den Griff bekommen. Insgesamt ist aber bei allen Fallgestaltungen solcher gemischter Nutzung von Immobilien eine frühzeitige Planung, d.h. Berücksichtigung von möglichen Änderungen der Gesamtumstände, dringend angeraten.
Wer einmal einen tiefen Blick in das Gefühlsleben deutscher Fiskalpolitiker tun möchte, um deren Befindlichkeit zu erkunden, wie weit sie der Gesetzestreue der sog. Steuerpflichtigen trauen, der sollte sich das Studium der §§ 146 ff. der Abgabenordnung (AO) antun. Dort und in dazu ergangenen Vorschriften, wird mit einer Akribie festgelegt, welche Pflichten man zu erfüllen hat, falls einen das Schicksal ereilt, buchführungspflichtig zu sein, daß jeder Freund des gespaltenen Haares seine Freude daran hätte. Besonders Unternehmer, die doch tatsächlich eine Barkasse führen, sind zu bedauern. Da ist im Gesetz von zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen, Sicherheitsmodulen, Speichermedien und einheitlichen digitalen Schnittstellen die Rede. Jeder Verstoß wird selbstredend mit exzessiven Bußgeldern bedroht. Unseren Regierenden könnte ja für ihre segensreiche Tätigkeit ein Euro entgehen. Man fragt sich bei all dieser gesetzgeberischen Mühewaltung, sind wir eigentlich wirklich alle so potentiell kriminell oder schließen hier nur Politiker von sich auf Andere? Der Gedanke könnte einem kommen, angesichts der Tatsache, daß die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden, teils seit Jahrzehnten, verfassungswidrig sind; ohne irgendeine Konsequenz. Angesichts von Zuständen an den Außengrenzen, die man früher wohl mit "legal, illegal, scheißegal" tituliert hätte. Angesichts einer Finanzrechtsprechung, die man nur verharmlosend als "teilweise recht verwaltungsfreundlich" bezeichnen kann. Hier gerät seit Jahren etwas aus dem Ruder. Einerseits die zunehmende staatliche Wegelagerei, durchgesetzt mit zunehmender Kriminalisierung der Bürger und Unternehmen. Andererseits ein staatliches Laissez-Faire, geschützt durch Freistellung der Politiker vor jeglicher strafrechtllichen Verantwortung. Als Steuerrechtler merkt man es vielleicht früher. Umso größer die Pflicht, darauf hinzuweisen: unser Rechtstaat ist dabei, durch staatliches Handeln Schaden zu nehmen.
Es gibt viele Wege, sich mit den intellektuellen Höhen und Tiefen der menschlichen Rasse auseinanderzusetzen: man kann in Berlin Auto fahren, sich mit Fans von Angela Merkel oder der Tagesschau
unterhalten oder die Entscheidungen bestimmter Gerichte lesen. Hier wurden in letzter Zeit neue Bestmarken gesetzt, nicht nur durch manche Urteile zum Thema „Rundfunkbeitrag“.
Zu mindestens dem Bundesfinanzhof (BFH) ist es jüngst gelungen, mich positiv zu überraschen. In zwei jüngst veröffentlichten Entscheidungen vom 18.08.2016 (Az. VI R 18/13; VI R 46/13) hatte der BFH
folgenden Fall zu entscheiden: A, Alleingesellschafter und -geschäftsführer der A-GmbH, wollte seine Gesellschaftsanteile verkaufen. Die Pensionszusage, die die A-GmbH ihrem Geschäftsführer A
gegeben hat, wollte der Käufer aber nicht übernehmen. Also gründete A flugs eine B-GmbH, die die Pensionszusage der A-GmbH übernahm. Einen anderen Daseinszweck sollte die B-GmbH nicht erfüllen. Für
die Übernahme der Pensionsverpflichtung erhielt die B-GmbH von der A-GmbH eine Abfindung. Finanzamt und Finanzgericht Düsseldorf waren der Auffassung, der A sei bei „wirtschaftlicher
Betrachtungsweise“ gleichsam Durchgangserwerber der Abfindung geworden. Sie behandelten die Abfindung, immerhin 470.000 €, als ermäßigt zu versteuernden Arbeitslohn. Dem folgte der BFH nicht. Auch
wirtschaftlich betrachtet, habe die A-GmbH dem A die Abfindung nicht zur Verfügung gestellt, sondern der B-GmbH. A habe auch nach dem Versorgungsvertrag mit der A-GmbH nicht die Möglichkeit gehabt,
in diesem Fall des Schuldnerwechsels die Abfindung für sich zu beanspruchen.
Hochinteressanter Fall, zumal die Argumente des BFH auch den „Normalfall“ der Pensionszusage treffen, nämlich, daß diese durch eine Rückdeckungsversicherung abgedeckt wird. Wird in einem solchen Fall
also sowohl Pensionsverpflichtung, als auch Rückdeckungsversicherung auf eine neu gegründete GmbH übertragen, so ist dies nach den Argumenten des BFH wohl steuerunschädlich.
Allerdings sollte im entschiedenen Fall die Pensionszusage quasi „gedeckelt“ werden, d.h. A sollte Pensionen nur insoweit erhalten, als diese durch die Abfindung gedeckt waren. Welchen Einfluß die
üblichen steuerschädlichen Pensionszusage-Aspekte bei neu gegründeten GmbHen (Erdienungszeitraum, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, etc.) hätten, falls im entschiedenen Fall die Pensionszusage sich
normal fortentwickelt hätte, also mit sich weiter aufbauender Pensionsverpflichtung der B-GmbH, hatte der BFH nicht zu entscheiden. Insgesamt aber eine Entscheidung die nicht nur die Versicherer
freuen wird.
Vermögensübertragungen innerhalb der Familie zu bewerkstelligen ist oft schwieriger, als man es sich vorstellt. Wenn zum Vermögen noch Unternehmen oder Unternehmensanteile gehören, wird es richtig
kompliziert. Aus verschiedensten Gründen kann es angezeigt sein, Ehegatten und Kinder schon zu Lebzeiten an Vermögenswerten zu beteiligen. Auch Haftungsrisiken können ein Motiv sein, rechtzeitig
Vermögen auf Angehörige zu übertragen. Dabei besteht aber oft die Sorge daß das übertragene Vermögen danach durch Scheidungen, Erbfälle oder den Zugriff von Gläubigern zerschlagen wird. Auch wollen
Übertrager oftmals die Kontrolle über das Vermögen behalten.
Wer hierbei nur an die Möglichkeiten der Schenkung oder der testamentarischen Verfügung denkt, verengt seinen Blickwinkel auf Übertragungsmöglichkeiten, die schnell an ihre Grenzen geraten und zudem
oftmals mit Problemen behaftet sind. Wer kennt nicht die Streitigkeiten unter Erben oder die Anfeindungen der – vermeintlich – bei Schenkungen benachteiligten Verwandten.
Dabei hält das geltende Recht eine ganze Reihe von Möglichkeiten parat, die man nutzen kann. Man muß allerdings immer zunächst wissen, was man eigentlich bezweckt. Vermögensübertragungen wollen genau
geplant und überlegt ausgeführt werden.
Eine – zu Unrecht – weitgehend unbekannte Möglichkeit, Vermögen innerhalb der Familie zu übertragen und der Familien zu erhalten, ist die Familiengesellschaft, oft auch Familienpool oder
Familienholding genannt. Hierbei wird das Familienvermögen zunächst in eine (Familien-) Gesellschaft eingebracht; üblicherweise eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, es kann aber auch eine KG oder
GmbH sein. Der Gesellschaftsvertrag muß sodann Regelungen enthalten, welche die dauerhafte Einflußnahme des Einbringenden auf das Vermögen sichern. Außerdem werden Regelungen vereinbart, die das
Vermögen vor dem Zugriff von Gläubigern, Geschiedenen, Pflichtteilsberechtigten und Schwiegerkindern und anderer Begehrlichkeiten schützen. Die Dauerhaftigkeit der Familiengesellschaft wird zudem
durch restriktive Kündigungseinschränkungen und Abfindungsregelungen im Gesellschaftsvertrag gesichert. Da auch bei der Familiengesellschaft die Regelungen des Insolvenz- und des Anfechtungsrechts
gelten, sollte man eine solche Gesellschaft möglichst mittelfristig aufbauen.
Insgesamt somit eine effektive – und steuerlich sehr lukrative – Art der Vermögensübertragung. Der Erfolg hängt an der detaillierten Zielsetzung und der paßgenauen vertraglichen Umsetzung.
Das sog. „Berliner Testament“ ist sicherlich immer noch die beliebteste Form des Testaments unter Ehegatten, obwohl dies gerade bei unternehmerischem Erbe nicht immer sachgerecht ist. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 04.05.2016, Az. 3 K 148/15) hatte jetzt über folgenden häufig vorkommenden Fall zu entscheiden: Im Jahr 1986 errichteten der Vater des Klägers und dessen Ehefrau - zugleich Stiefmutter des Klägers - ein notarielles gemeinschaftliches Testament, worin sie sich gegenseitig zu Alleinerben und den Kläger zum Erben des Überlebenden einsetzten. Der Vater des Klägers verstarb im Oktober 2003, die Stiefmutter im Januar 2014.
Der Erbe und Kläger machte in der Erbschaftsteuererklärung geltend, er habe ja beim Tod des Vaters einen Pflichtteilsanspruch gehabt, diesen der Stiefmutter gegenüber auch mündlich geltend
gemacht.
Da er dies nicht mehr nachweisen könne, meine er jedenfalls, daß er auch jetzt noch, den mittlerweile verjährten Pflichtteilsanspruch gegen sich selbst, jetzt ist er ja Alleinerbe, geltend machen könne. Bei der Ermittlung seines steuerpflichtigen Erwerbs zog er den Wert des Pflichtteils ab. Dem folgte das Finanzamt natürlich nicht.
Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Zu den Nachlaßverbindlichkeiten, die den Wert des Erbes minderten, würden auch geltend gemachte Pflichtteilsansprüche gehören. Das FG begründet in erfreulich
präziser Form, warum im konkreten Fall der Pflichtteilsanspruch nicht erloschen war und der Kläger diesen Anspruch in der Erbschaftsteuererklärung, gleichsam gegen sich selbst, geltend machen
konnte.
Das Gericht geht insbesondere auch auf die Wirkung der in 2006 eingetretenen Verjährung des Pflichtteilsanspruches ein. Das Gericht erinnert sich in der Begründung des – in Steuersachen gern
vergessenen – Primats des Zivilrechts und weist zutreffend darauf hin, daß auch bei Verjährung ein Anspruch nicht untergeht, sondern nur einredebehaftet wird. Die Ein-rede hätte der Kläger gegen sich
selbst erheben können, was er natürlich unterließ.
So erfreulich die Entscheidung ist, sie hat nur einen Haken: die entschiedene Frage ist unter Juristen stark umstritten. Das FG ließ daher auch die – zwischenzeitlich anhängige – Revision zum BFH
zu.
Trotzdem sollte der letzlich Alleinerbende bei Berliner Testamenten immer diese Problematik bedenken. Vorsorglich sollte bei Anfall des Pflichtteils dieses auch dem Verpflichteten beweisbar geltend
gemacht werden.
Übersteigerten Realitätssinn kann man unserem regierenden Politikerpersonal ja nun wirklich nicht vorwerfen, wie erst jüngst am Wahlabend in Berlin wieder zu besichtigen war. Aber, die
Selbstbeherrschung, vor eine Kamera zu treten und im Brustton der Überzeugung eine historische Wahlklatsche als großen Sieg auszugeben, muß man auch erst einmal aufbringen. Chapeau!
Umso mehr hat es mich überrascht, daß die Bundesregierung eine der größeren steuergesetzgeberischen Fehlleistungen wohl zu korrigieren gedenkt. Die Rede ist von der systemwidrigen Regelung des § 8 c
Körperschaftsteuergesetz - KStG -, nach der Verlustvorträge bei Körperschaften, z.B. GmbHen, untergehen, wenn Gesellschaftsanteile an solchen Gesellschaften übertragen werden. Werden mehr als 25 %
der gesamten Anteile übertragen, geht der Verlustvortrag anteilig unter, bei mehr als 50 % vollständig. Für diese, für Erwerbe nach dem 31.12.2007 geltende Vorschrift, mußten wie so oft Gründe der
Steuergerechtigkeit und der Verhinderung von mißbräuchlichen Gestaltungen (Stichwort: „Mantelkauf“) herhalten. Hier sollte also wieder einmal ein „Steuerschlupfloch“ (das sind die Regelungen, die der
Gesetzgeber ins Gesetz schreibt und mit denen er hinterher nichts mehr zu tun haben will) geschlossen werden. In Wirklichkeit ging es natürlich um die schnöde Maximierung des Steueraufkommens im Wege
einer partiellen Enteignung kraft Steuerrecht.
Am 14.09.2016 hat nun die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für einen neuen § 8 d KStG auf den Weg gebracht. Geplant ist Folgendes: Der Verlustvortrag soll erhalten bleiben, wenn der
Geschäftsbetrieb der Körperschaft nach dem Anteilseigner Wechsel fortbesteht und eine anderweitige Nutzung der Verluste ausgeschlossen ist. Dieser fortführungsgebundene Erhalt des Verlustvortrages
soll gelten, wenn ein seit der Gründung oder seit mindestens 3 Jahren bestehender Geschäftsbetrieb unverändert bestehen bleibt. Dies soll nach qualitativen Gesichtspunkten zu beurteilen sein, ob also
z.B. nach Gesellschafterwechsel noch die gleichen Dienstleistungen oder Produkte angeboten werden. Voraussetzung ist ein Antrag in der Steuererklärung des betreffenden Jahres. Gelten soll die
Neuregelung, falls und wenn sie denn Gesetzeskraft erlangt, bereits für Anteilserwerbe ab dem 01.01.2016. Am Rande sei erwähnt, daß diese nachvollziehbare Einschränkung des uneingeschränkten
Verlustvortrages, seinerzeit schon bei Erlaß des § 8 c KStG von jenen vorgetragen wurde, die in der zu schaffenden Vorschrift nicht nur an das Sprudeln der Steuerquellen gedacht haben.
Warten wir ab, ob die Länder über den Bundesrat diese sachgerechte Regelung noch verhindern oder verwässern.
All jene, die Anteile an Körperschaften mit Verlustvorträgen halten, sollten sich in jedem Fall schon einmal Gedanken über die erheblichen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten machen, die die
Rückkehr zum, eigentlich selbstverständlichen, Erhalt des Verlustvortrages eröffnet.
Wenn die Finanzverwaltung ein Steuerstrafverfahren gegen einen Steuersünder einleitet, erfährt er dies selbst regelmäßig als Letzter. Die Verwaltung sammelt, durch ihr Ermittlungsorgan - die Steuerfahndung -, unbemerkt vom Betroffenen die Fakten über die vermeintliche oder tatsächliche Steuerhinterziehung. Den ersten Kontakt mit dem gegen ihn laufenden Verfahren hat der Betroffene dann oftmals dadurch, daß es bei ihm an der Haustür klingelt und die Herren der Steuerfahndung davorstehen. Versehen mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss begeben sie sich an die Hausdurchsuchung. Oftmals fällt dann die Fahndung zeitgleich über den Arbeitsplatz, das Ferienhaus, den Yachtliegeplatz und etwaige weitere Immobilien her.
In der jetzt beim Betroffenen eintretenden Schockstarre ist die Gefahr, Fehler zu begehen, riesig. Ein alter Grundsatz lautet: in den ersten Minuten kann man ein Steuerstrafverfahren nicht gewinnen, aber sehr leicht verlieren. Soll heißen: man muß, wenn die Fahndung im Haus ist, eine Reihe simpler Grundsätze eisern beachten.
Der wichtigste ist, sich nicht zur Sache zu äußern!!! Steuerfahnder sind vor Ort oft erstaunlich nette Menschen, die dem Betroffenen gern etwas vom Pferd erzählen. Nach dem Motto: wenn du dich - vielleicht sogar geständig - einlässt, kann dir dies helfen. Lassen Sie sich nichts erzählen; das ist alles dummes Zeug. Die Steuerfahnder vor Ort sind Ermittlungsorgane, die den weiteren Gang der Dinge in keiner Weise mitbestimmen. Aber alles, was man als Betroffener zum Besten gibt, findet sich hinterher in einem Aktenvermerk der Fahndung und läßt sich nur schwer wieder „einfangen“. Darum: Schweigen Sie!! Das ist ihr gutes Recht und kein Schuldeingeständnis. Und geben Sie keine Unterlagen freiwillig heraus; lassen Sie sie beschlagnahmen.
Ihr Recht ist auch, sich mit Ihrem Steuerberater oder besser mit einem Steuerstrafverteidiger telefonisch in Verbindung zu setzen. Dieser sollte bei der Durchsuchung dann anwesend sein. Der Bitte, mit der Durchsuchung zuzuwarten, wird meistens entsprochen. Der Verteidiger läßt sich den Durchsuchungsbeschluß aushändigen, überprüft die Vollständigkeit des Beschlagnahmeprotokolls und sorgt dafür, daß sich der Betroffene nicht verplaudert.
Falls man es für möglich hält, dass einem all das Geschilderte einmal selbst passieren könnte, sollte man vorsorgen. Die Telefonnummer des Steuerstrafverteidigers des Vertrauens gehört dann neben die Nummer des Hausarztes, der Autowerkstatt oder wessen Nummer man auch immer als wichtig im Notizbuch vermerkt.
In Zeiten, in denen Sparer, statt Zinsen zu bekommen, vielleicht bald noch Geld mitbringen müssen, klingt eine Verzinsung von 6 % p.a. verlockend. Und wenn dann der Schuldner auch noch über jeden Zweifel erhaben ist, hält man das Ganze für ein Märchen aus besseren (Zins-)Zeiten. Dabei gibt es durchaus Fälle, sich vom deutschen Fiskus mit 6 % Zins belohnen zu lassen.
Sowohl Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen des Finanzamtes sind verzinslich. Es fallen Zinsen von 0,5 % pro Monat, also 6 % im Jahr, an. Die Zinsen werden aber erst ab dem 15. Monat nach dem Ende des Steuerjahres berechnet. Für 2014 würde somit am 1. April 2016 der Zinslauf beginnen, sowohl für Nachzahlungen, als auch für Erstattungen.
Wer z.B. nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erwirtschaftet, ist grds. nicht verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Wenn man aber, etwa aufgrund hoher Werbungskosten oder Sonderausgaben mit Erstattungen rechnen kann, kann man sich auf Antrag hin zur Einkommensteuer veranlagen lassen, § 46 EStG. Die Frist für diesen Antrag beträgt 4 Jahre. Ein solcher Antrag kann also für die Steuererklärung 2014 bis zum 31.12.2018 gestellt werden.
Reicht man dann am 31.12.2018 die Steuererklärung 2014 dem Finanzamts ein und bekommt den Steuerbescheid im Mai 2019, hat man einen Verzinsungsanspruch von (April 2016 bis April 2019) 37 Monaten = 18,50 %. Auf eine Steuererstattung von 5.000 € kämen dann noch 925 € Zinsen. Die sind übrigens - natürlich - steuerpflichtig. So jedenfalls der Bundesfinanzhof (BFH) Er bestätigte in zwei Urteilen vom 12.11.2013 (VIII R 1/11 und VIII R 36/10), dass es sich um steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen handelt. Allerdings muß sich hiermit noch das Bundesverfassungsgericht beschäftigen(2 BvR 482/14).
Wer verpflichtet ist, jährlich Steuererklärungen (insbesondere Einkommen- oder Gewerbesteuer) einzureichen, wird in der Regel den Steuerbescheid erhalten, bevor die 15 Monate abgelaufen sind. Interessant ist hierbei die Zinswirkung von Vorauszahlungen, denn diese gehen in die Zinsbemessungsgrundlage ein, § 233 a Abs. 3 AO. Fall aus meiner Praxis: Mandant hatte in 2013 einen sehr guten Gewinn aus Gewerbebetrieb. Ende 2015 erhöht das Finanzamt nachträglich die Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer für 2014 um über 50.000 € und übersieht hierbei einen Verlustvortrag. Nach Rücksprache mit mir zahlt der Mandant Ende November 2015 die unberechtigte Gewerbesteuervorauszahlung. Eine etwaige Berichtigungspflicht des Mandanten (§ 153 AO) bestand jedenfalls deshalb nicht, da die Änderung der Vorauszahlungen nicht zu einer Verkürzung von Steuern führte, sondern zum Gegenteil. Seit dem 01.04.2016 tickt jetzt die Zinsuhr mit 6 % p.a..
Im derzeitigen Zinsumfeld, bei dem die Erträge gegen Null gehen, sollten also Überlegungen zur Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen immer mit in die steuerliche Betrachtung einbezogen werden.
Wer eine Immobilie kauft, um daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, kennt oftmals das Problem: Werden nach dem Erwerb der Immobilie Baumaßnahmen vorgenommen, unterscheidet das Finanzamt danach, ob die Maßnahmen dazu dienen, die Substanz zu erhalten, dann handelt es sich um Erhaltungsaufwand oder wird etwas neues geschaffen, dann liegt Herstellungsaufwand vor. Ersteres kann sofort steuerlich abgezogen werden, letzteres geht in die Bemessungsgrundlage der Abschreibungen ein und wird regelmäßig mit 2 % p.a. abgeschrieben. Da der steuerliche Unterschied erheblich ist, bemüht sich die Verwaltung stets darum, Erhaltungsaufwand zu verneinen. Aber selbst, wenn unstreitig Erhaltungsaufwand vorliegt, kann dies zu Herstellungs- oder Anschaffungskosten führen. Nämlich wenn mit dem Erhaltungsaufwand binnen drei Jahren nach dem Erwerb der Immobilie die Grenze von 15 % der Anschaffungskosten überschritten wird (sog. anschaffungsnaher Erhaltungsaufwand, § 9 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG. Auch in diesem Fall kann der Aufwand nicht sofort steuerwirksam berücksichtigt werden.
Das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 21.01.2016, Az. 11 K 4274/13) hatte nun den Fall zu entscheiden, daß die Erwerberin einer vermieteten Eigentumswohnung Streit mit dem Mieter wegen der Nebenkosten hatte. Man traf sich vor Gericht; der Mieter mußte ausziehen. Die Vermieterin besichtigte darauf ihre frisch erworbene Wohnung und stellte fest, daß der Mieter ein Schlachtfeld hinterlassen hatte. Die Beseitigung der Schäden ging richtig ins Geld und lag am Ende bei ca. 20 % der Anschaffungskosten der Wohnung. Das Finanzamt behandelte dies natürlich wie beschrieben und wollte nur 2 % der Kosten p.a. steuerlich berücksichtigen. Zum Ärger mit ihrem Vandalismus geneigten Mieter kam für die Eigentümerin jetzt noch das Unverständnis der einnahmeaffinen Finanzbeamten.
Das Finanzgericht verwies auf den gesetzgeberischen Zweck der 15-%-Grenze. Wer eine Grotte billig kauft und sie planvoll danach instand setzt, soll steuerlich nicht besser stehen, als derjenige der gleich eine instandgesetzte Wohnung teurer erwirbt. Dieser gesetzgeberische Zweck geht aber ins Leere, wenn, wie hier, nach dem Kauf Schäden entstehen und beseitigt werden müssen. Allerdings stand in dem entschiedenen Fall auch unstreitig fest, daß die Schäden erst nach Erwerb entstanden waren. Wie dies festgestellt wurde, ergibt sich aus dem Urteil leider nicht, wäre aber interessant zu wissen. In jedem Fall hat das Gericht die streitige Frage der Beseitigung sog. verdeckter Mängel offen gelassen. Wie so oft bei Entscheidungen zugunsten der Steuerzahler wurde die Revision zugelassen. Wer nach Erwerb einer Immobilie also Schäden feststellt, die durchaus nach Erwerb entstanden sein könnten, sollte diese gerichtsfest dokumentieren. Dies auch schon deshalb, weil die relevanten steuerlichen Rechtsfragen durchaus noch in Bewegung sind. So wird der Bundesfinanzhof am 14.06.2016 gleich drei Entscheidungen hierzu fällen. Vielleicht sind wird dann ja wieder etwas schlauer.
Nun sieht es also tatsächlich danach aus, daß das Bargeld abgeschafft wird. Wird ja auch Zeit, daß man die Bürger und Unternehmen endlich für den Staat finanziell transparent macht. Der Weg jedes Euros kann nachvollzogen werden, gegen den Zugriff der Staatsmacht kann sich dann niemand mehr wehren, die Bemessungsgrundlage für den Fiskalzugriff kann unbehindert ausgeweitet werden, negative Zinsen können endlich auch für den Normalbürger eingeführt werden. Natürlich alles nur im Interesse der Terrorismusabwehr. Die nächste Diskussion, die irgendwann urplötzlich aus dem Nichts losgetreten werden wird, ist die zu einem Verbot privaten Goldbesitzes. Es wäre jedenfalls konsequent, dieses dann letzte Tor der staatsunabhängigen Geldhaltung, zu verbieten. Dann wäre der Weg frei, die schon jetzt weit gediehene Enteignung der Menschen in diesem Land aufgrund einer kafkaesken Geldpolitik ungebremst auszuweiten. Die Abschaffung des Bargeldes wäre ein an Größe nicht zu überschätzender Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger. Ein Teil des Grundgesetzes, zum Beispiel das Widerstandsrecht (Art. 20 Abs. 4 GG), würde faktisch zu Makulatur. Nimmt man die nicht mehr zu übersehende staatliche Lenkung der zwangsfinanzierten Medien und die zunehmende Erosion der Gewaltenteilung hinzu, zeigt sich ein Bild der bundesdeutschen Demokratie, vor dem mir graust. Und wenn dann vielleicht dereinst eine Mauer ums Land gebaut werden muß, kann sich mancher Politiker wieder richtig heimisch fühlen.
Unter einer Scherzerklärung versteht man eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, § 118 BGB. Ich war schon immer der Meinung, daß der Amtseid des Bundeskanzlers hierfür geradezu ein Paradebeispiel ist. Daß ich mit dieser Meinung bei Studenten für Heiterkeit sorgte – als ich noch die Zeit und Muße hatte, Lehrveranstaltungen zu halten – ist lange her. Die Realität hat mich hier längst überholt. Heute reicht es für unser politisches Personal nicht mehr allein, unfähig zu sein, die eigenen Interessen zu erkennen. Man muß jetzt offenbar auch zu feige sein, sie zu verfolgen. Ein Herr Böhmermann könnte jedenfalls ruhiger schlafen, wenn die Dame in Kanzleramt in der causa Erdogan ähnlich konsequent an ihren (früheren) Überzeugungen festhielte, wie sie es beim Durchwinken von Entscheidungen ist, deren einziger Vorzug darin besteht, ihr und ihrer Partei (in der Reihenfolge) zu dienen. Bislang war ich immer der Ansicht, jedes Volk habe die Regierung, die es verdient. Im Interesse von uns allen hoffe ich, daß ich mich hier und jetzt irre.
Die steuerliche Unterscheidung zwischen Privatvermögen und Betriebsvermögen hat schon zu so mancher Ungereimtheit geführt. Aber seit der Fiskus den alten Grundsatz, daß Vermögensänderungen im Privatbereich (grundsätzlich) steuerlich nicht relevant sind, immer mehr zu seinen Gunsten aufweicht, nehmen die Ungereimtheiten zu. So waren schon immer Zinsen aus privat hingegebenen Darlehen steuerpflichtig, § 20 Abs.1 Nr. 7 EStG, nicht aber die Darlehensrückzahlung. Durch die Einführung des recht neuen § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG versucht der Fiskus, auch im privaten Bereich zusätzliche Steuern abzugreifen, falls eine solche private Darlehensforderung - mit Gewinn - „veräußert“ wird.
Da stellt sich natürlich die Frage, was passiert eigentlich, wenn ich privat ein Darlehen hingebe und dieses ausfällt, z.B. weil der Schuldner insolvent wird. Ist das dann gleichsam eine „negative Veräußerung“?
Das Finanzgericht Düsseldorf verneinte dies in einem solchen Fall (Urteil vom 11.03.2015, Az. 7 K 3661/14). Veräußerung sei nur die Einlösung, Rückzahlung oder Abtretung der Darlehensforderung, nicht aber deren Ausfall wegen Insolvenz des Schuldners. Dies kann man nun aber durchaus anders sehen und jedenfalls in der steuerrechtlichen Literatur wird dies teils auch anders gesehen. Das FG Düsseldorf hat daher die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Die Revision wurde auch von den Klägern des Düsseldorfer Falles eingelegt (BFH Az. VIII R 13/15). Der Bundesfinanzhof wird nun zu entscheiden haben, ob die Annäherung des Privatvermögens an das Betriebsvermögen, wie es in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zum Ausdruck kommt, nur gilt, wenn es etwas zu versteuern gibt, oder ob - und nur dies wäre systemgerecht - auch negative Einkünfte steuermindernd zu berücksichtigen sind.
All denen, die private Darlehen hingegeben haben und deren Schuldner die Darlehen nicht zurückzahlen können, kann nur geraten werden, bei noch offenen Einkommensteuerveranlagungen solche Darlehensausfälle als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen geltend zu machen. Dies dürfte dann konsequenterweise nicht nur Fälle betreffen, in denen der Schuldner formell insolvent wurde, sondern auch solche, in denen der Darlehensanspruch gerichtlich verfolgt wurde, aber die Forderung nicht beigetrieben werden konnte. Das Finanzamt wird dies natürlich ablehnen. Ein Einspruchsverfahren sollte man sodann ruhen lassen und die Entscheidung des Bundesfinanzhofes abwarten. Man darf gespannt sein.
Der Gedanke, seiner Tochter, die sich in Ausbildung befindet eine Wohnung zu vermieten, liegt ja durchaus nahe, wenn man sowohl Kinder, als auch vermietbaren Wohnraum sein Eigen nennen darf. Daß bei einer solchen Vermietung steuerlich Probleme auftauchen können, zeigte jüngst wieder einmal ein Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf (Urteil vom 20.05.2015, Az. 7 K 1077/14). In dem entschiedenen Fall hatten die Eltern ihrer studierenden Tochter eine Wohnung vermietet und die Einkünfte beim Finanzamt geltend gemacht. Dieses lehnte ein steuerlich anzuerkennendes Mietverhältnis ab. Es ergab sich nämlich ein Verlust; bei einem Gewinn wäre der Fall anders verlaufen.
Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt. Das Finanzgericht meinte, in schönster Fiskalrechtsprechung, dies damit begründen zu können, daß die Eltern, die unterhaltspflichtig waren, kurzerhand den Unterhalt um die Miete kürzten und die Tochter diese erst gar nicht zahlte. Deshalb halte der Mietvertrag dem sog. Fremdvergleich nicht stand, da im Vertrag Überweisung der Miete vereinbart war. Eine Vermögensminderung bei der Tochter bzw. spiegelbildlich eine Vermögensmehrung bei den vermietenden Eltern habe nicht stattgefunden.
Immerhin hat sich bis zum FG Düsseldorf herumgesprochen, daß auch die Aufrechnung ein Fall der Erfüllung ist. Flugs meinten die Richter also, es hätte nachgewiesen werden müssen, daß die Aufrechnungen auch tatsächlich zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen der Miete erfolgt wären. Und im Übrigen sei die Höhe des Unterhaltsanspruches der Tochter gar nicht genau nachgewiesen worden. Was das Gericht damit eigentlich sagen wollte, angesichts der Tatsache, daß der Unterhaltsanspruch wohl unstreitig höher war als die Miete, wird dem geneigten Leser des Urteils allerdings nicht offenbart. Die Auslegung, dem Urteil könne man entnehmen, Aufrechnungen seien steuerlich nur dann unbedenklich, wenn Forderung und Gegenforderung betraglich identisch sind, ist etwas für die hartgesottenen Gegner rheinischer Fröhlichkeit. Schlußendlich meint das Gericht also, in der „Vermietung“ läge ein Fall des Naturalunterhaltes vor und kein Mietverhältnis. Das Gericht hat die Revision zugelassen, was ja bei finanzrichterlichem Selbstverständnis ja eher selten ist.
Dieses Urteil zeigt wieder einmal sehr schön, wie man sinnvolles und übliches Verhalten von Menschen steuerlich ad absurdum führen kann, wenn man nur hinreichend fiskalorientiert denkt. Die vermietenden Eltern in diesem Fall hätten also eine Vereinbarung über die Unterhaltshöhe mit der mietenden Tochter schließen müssen und anschließend jeden Monat der töchterlichen Mieterin gegenüber schriftlich die (anteilige) Aufrechnung erklären müssen. Noch besser wäre gewesen, den Barunterhalt der Tochter zu überweisen und diese überweist in Höhe der Miete zurück. Das ist das, was ich immer Fiskalrechtsprechung nenne.
Bei der Vermietung von Immobilien achtet das Finanzamt ja immer streng darauf, daß keine Liebhaberei steuerlich zu einer Steuerersparnis führt. Diese wird immer dann unterstellt, wenn in der sog. Totalperiode von 30 Jahren kein Totalüberschuß, und sei er noch so klein, zu erwarten ist. Besonders die Vermietung von Ferienhäusern, bei denen der Eigentümer auch noch eine zeitweilige Selbstnutzung vornimmt, hat es den Finanzämtern angetan. Die Rechtsprechung ist dem natürlich - wen wundert es in diesem Land - weitgehend gefolgt.
Umsomehr überrascht eine jüngst ergangene Entscheidung des Finanzgerichts Köln (Urteil vom 17.12.2015, Az 10 K 2322/13) positiv. In dem entschiedenen Fall hatte das klagende Ehepaar in 1999 ein Ferienhaus erworben und einen Gästevermittlungsvertrag geschlossen, in dem sie sich eine jährliche vierwöchentliche Selbstnutzung offen hielten. Die Selbstnutzungsmöglichkeit wurde 2000 aus dem Vertrag gestrichen. Ansonsten entsprachen die Vermietungstage dem Ortsüblichen.
Das Finanzamt versagte den Verlustabzug, da in der Totalperiode nicht mit einem Überschuß zu rechnen sei und zudem anfangs die Selbstnutzung gegeben war. Das Finanzgericht Köln folgte dem Finanzamt nicht. Bei Ferienimmobilien seien Verluste auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn nicht mit einem Totalüberschuß zu rechnen sei. Entscheidend sei allein, daß die tatsächlichen Vermietungstage die ortsübliche Vermietungszeit nicht erheblich unterschritten. Denn für diesen Fall sei typisierend von einer Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen, einen Einnahmeüberschuß zu erwirtschaften. Verblüffend ist hieran, daß das Gericht allein auf die typisierende Absicht der Vermieter abstellt, einen Überschuß zu erwirtschaften und nicht, wie sonst üblich, dies nur an objektiven Kriterien festmacht. Daß das FG zudem das „KO-Kriterium“ der Selbstnutzung für irrelevant hielt, war wohl letztlich der Grund, warum das Gericht die Revision zugelassen hat.
Insgesamt gibt das Urteil einiges an Argumentationshilfen, falls einen der Finanzamtsvorwurf der „Liebhaberei“ trifft.
Es ist sicherlich eine der Entscheidungen, mit denen das Bundesverfassungsgericht grundlegende Änderungen angestoßen hat: das Urteil vom 17.12.2014n mit des es das geltende Erbschaftsteuerrecht für
verfassungswidrig erklärte. Aufhänger der Entscheidung war die steuerliche Verschonungsmöglichkeit bei der Übertragung von unternehmerischem vermögen (§§ 13a, 13 b ErbStG). Hier sah das Gericht den
Gleichheitsgrundsatz verletzt. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, bis zum 30.06.2016 eine Neuregelung herbeizuführen. Das gericht machte recht deutlich, daß sich seine verfassungsrechtlichen Bedenken
nicht auf die beiden Paragrafen beschränkten, sondern, daß das Erbschaftsteuerrecht insgesamt zu reformieren sei.
Was wird passieren? Es wird auch künftig die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen geben. Dies auch dann, wenn es dem gesetzgeber nicht bis zum 30.06.2016 gelingen sollte, eine Neuregelung zu
beschließen. Den Ball des Gerichtes, eine vollständige Neuregelung anzustreben, hat der Bundesfinanzminister bereits bereitwillig aufgenommen. Was aus dem Ministerium derzeit verlautet, würde
auf nicht unerhebliche Steuererhebungen hinauslaufen. Ein Schelm, den dies wundert.
Sowohl nach der Gerichstentscheidung, als auch nach den Bekundungen aus dem BMF, ist weiterhin mit einer Bevorzugung des Firmenvermögens zu rechnen. Nur weniger „üppig“. Zuden wird es wohl strengere
Regeln beim Arbeitsplatzerhalt, dem eigentlichen Grund der Bevorzugung, geben. Beim sog. „Verwaltungsvermögen“ ist mit einer Verschlechterung zu rechnen. Auch die vom BMF angedachte Berücksichtigung
des Vermögens des Erben läßt Übles ahnen. Insgesamt muß man kein Prophet sein, um mit insgesamt steigenden steuerlichen Lasten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu rechnen.
Solange keine Neuregelung verabschiedet ist, gilt das alte Recht. Wer also einen Vermögensübergang plant – nicht nur Unternehmen !-, ist gut beraten, sich kurzfristig mit dem Problem
auseinanderzusetzen. Das BMF drängt und eine Gesetzesänderung sogar noch in diesem Jahr wäre durchaus denkbar.
Die spannendste Frage ist die: Gibt es für Gestaltungen, die zwischen dem Erlaß des Urteils und der gesetzlichen Neureglung erfolgen, „Bestandsschutz“ oder „Vertrauensschutz“? Was Schäuble & Co.
dazu auch immer zum Besten geben: glauben Sie kein Wort davon. Im Steuerrecht findet der Rechtsstaat nur mit großen Einschränkungen statt. Wenn das BMF eine rückwirkende Gesetzesänderung will,
haben die Herren in Rot noch immer einen Weg gefunden, dies abzusegnen.
Die Rechtsprechung der Finanzgerichte ist zuweilen für positive Überraschungen – positiv aus Sicht des gebeutelten Steuerzahlers – gut. So haben mehrere Gerichte jüngst den Anwendungsbereich des § 35
a EStG ausgeweitet. § 35a EStG bietet – natürlich moderate – Steuerermäßigungen, wenn der Steuerpflichtige für seinen im europäischen Wirtschaftsraum belegenen Haushalt haushaltsnahe Dienstleistungen
oder Handwerkerleistungen in Anspruch nimmt.
Bei den haushaltsnahen Dienstleistungen erging kürzlich ein Urteil des FG Düsseldorf (Urteil vom 4. 2. 2015 - 15 K 1779/14 E), das man überraschend nennen kann, aber nicht muß. Die Richter
entschieden nämlich, daß die Kosten für einen Katzensitter, der bei Abwesenheit von Herrchen und Frauchen nach dem Vierbeiner sieht, steuermindernd geltend gemacht werden können. Das Gericht
konstatierte trocken, die Katze gehöre zum Haushalt, folglich handele es sich bei den Bemühungen des Katzensitters (Fressen geben, Katzenklo säubern etc) um haushaltsnahe Dienstleistungen, § 35 a
Abs. 2 EStG. Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Rechtsprechung zulasten des Fiskus ist eben immer grundsätzlicher Natur.
Eine erhebliche Ausweitung hat der Anwendungsbereich des § 35 a Abs. 3 EStG (Handwerkerleistungen) durch die Rechtsprechung erfahren. Die Verwaltung versuchte, Handwerkerleistungen großzügig von
Neubaumaßnahmen abzugrenzen und letztere aus von der Norm auszuschließen. Dem war der Bundesfinanzhofs (BFH) verschiedentlich entgegengetreten. So hatte der BFH durch Urteil vom 13.07.2011 (Az. VI R
61/10) entschieden, daß es sich bei Erd- und Pflanzarbeiten im Garten eines selbstbenutzten Hauses um Handwerkerleistungen i.S. des § 35 a Abs. 3 EStG handelt, egal ob der Garten umgestaltet oder neu
angelegt wird. Nach weiterer Rechtsprechung des BFH sah sich die Finanzverwaltung gezwungen, dem Anfang 2014 zu folgen. Handwerkerleistungen sind jetzt unabhängig davon begünstigt, ob es sich bei den
Aufwendungen für die einzelne Handwerkerleistung ertragsteuerrechtlich um Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand handelt.
Der BFH ist durch eine neue Entscheidung (Urteil vom 06.11.14, VI R 1/13) hierüber nochmals hinausgegangen und hat auch Dichheitsprüfungen an Wasserleitungen zum Abzug zugelassen. Der gesamte Bereich
von Prüf- und Kontrollmaßnahmen an Wohnungen und Häusern dürfte danach – entgegen der Auffassung der Verwaltung – steuerbegünstigt sein.
Die Steuerbegünstigung tritt nur auf Antrag ein. Die Höhe der steuerlichen Begünstigung, sowie die formalen Voraussetzungen sind in § 35 a EStG geregelt. Bei der nächsten
Einkommensteuererklärung sollten haushaltsnahe Leistungen unbedingt großzügig berücksichtigt werden.
Jeder im Steuerrecht tätige Berater hat so seine ganz eigenen Spielwiesen, auf denen er sich besonders gern tummelt. Eines der Themen, die mich schon immer besonders beschäftigt haben, ist die
Besteuerung der sog. Sanierungsgewinne. Worum geht es? Simpel gesagt, um das Gleiche, wie bei Griechenland, nur ohne Privilegien: ein Unternehmen ist in einer existenzbedrohenden Situation, aus die
es ohne tätige Mithilfe seiner Gläubiger, insbesondere Banken, nicht herauskommt. Man macht also mit den Banken sog. Sanierungspläne, das Unternehmen, der Unternehmer, müssen versilbern, was sich
versilbern läßt und den Banken das Licht am Ende des Tunnels zeigen. Für den Fall, daß das alles so eintritt, signalisieren die Banken, am Ende auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Glückt
der Sanierungsplan, erklären die Banken am Ende der Sanierung also einen Verzicht auf einen Teil ihrer Kreditforderungen. Wie gesagt, wie bei Griechenland, nur in der richtigen Reihenfolge.
Und das ist dann der Augenblick, in dem der Fiskus an Griechenland denkt und die Hand aufhält. Er behandelt nämlich den Schuldenerlaß der Banken als zu versteuernden Gewinn, da die
Kreditverbindlichkeit gewinnerhöhend auszubuchen ist. So jedenfalls die Finanzverwaltung in ihrem Sanierungserlaß vom 27.03.2003. Das Ergebnis läßt sich unschwer vorstellen. Oftmals ist die gerade
mühsam erreichte Sanierung des Unternehmens durch die sich ergebende Steuerlast wieder hinüber. Unternehmen in dieser Situation vor dem Kollaps zu bewahren, war und ist trickreich.
Vereinzelt waren Finanzrichter der Auffassung, dem Sanierungserlaß fehle es schlicht an einer gesetzlichen Grundlage. Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH), den solche Zweifel nicht umtreiben,
mußte nun, da der VIII. Senat dies anders sieht, die Frage der Rechtmäßigkeit des Sanierungserlasses dem Großen Senat des BFH vorlegen (BFH v. 25.03.2015 X R 23/13). Sollte der Große Senat dem
Sanierungserlaß seinen Segen verweigern, würde dies den Betroffenen zwar nicht unmittelbar helfen. Aber je nach Argumentation der zu erwartenden Entscheidung könnte ein Signal an den Gesetzgeber
ergehen, die Frage der Besteuerung des Sanierungsgewinnes endlich im Sinne einer sachgerechten Lösung anzugehen. Den vielen Unternehmen, die dieser widersinnige Erlaß bereits in den Ruin getrieben
hat, ist damit natürlich nicht mehr geholfen.
Es ist zwar selten, aber es kommt vor, nämlich daß die Finanzverwaltung Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die vor Fiskalrechtsprechung strotzt, zurückhaltend anwendet. So geschehen beim
Urteil des BFH vom 05.03.2008 (Az. I R 12/07). Der BFH hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Ein geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH wurde berentet. Im entschiedenen Fall hatte sich der
Renter entschlossen, „seiner“ GmbH weiter zur Verfügung zu stehen. Das Arbeisverhältnis wurde auch nach Einsetzen der Rente fortgesetzt. Der BFH entschied: die Rente ist zwar Teil des Entgelts für
die geleistete Arbeit, aber sie soll in erster Linie zur Deckung des Versorgungsbedarfs beitragen, also erst beim Wegfall der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis einsetzen. Der BFH meinte nun, hieraus
ergebe sich, daß die Pensionszahlungen um die Aktivbezüge zu kürzen und nur der Rest für die GmbH steuerlich anzuerkennen sei.
Diese Entscheidung war zu Recht derart umstritten, daß die Finanzverwaltung es unterließ, dieses Urteil im Bundessteuerblatt (BStBl.) zu veröffentlichen, in dem alle BFH-Entscheidungen abgedruckt
werden, die die Verwaltung zwingend für anwendungsbedürftig ansieht. Das Bundesfinanzministerium hat sich erst in 2015 entschlossen, das Urteil in das BStBl. aufzunehmen, BStBl. 2015 II, 409. Der
Grund ist, daß der BFH sein – vorsichtig ausgedrückt – zweifelhaftes Urteil aus 2008 noch getoppt hat. In einem Urteil vom 23.10.2013 (Az. I R 60/12, BStBl 2015 II S. 413) hat sich der BFH
jetzt sogar zu der Auffassung verstiegen, daß in dem oben geschilderten Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen könne. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde nämlich
entweder verlangen, daß das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Rente / Pension angerechnet wird. Oder aber er würde den Eintritt der Versorgungsfälligkeit
aufschieben, bis er endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat.
Da ist es dann doch erfreulich, daß bei einem BFH-Richter dieses Problem grundnsätzlich gar nicht erst auftreten kann. Ich vermute mal, die Rechsauffassung in München wäre schlagartig eine
andere.
Einem berenteten Gesellschafter-Geschäftsführer kann man angesichts dieser Rechtsprechung kaum noch raten, „seinem“ Unternehmen weiter zur Verfügung zu stehen. Über die Sinnhaftigkeit dieser
fortgesetzten Tätigkeit findet sich in den BFH-Entscheidungen übrigens nichts.
Ob man am 17. August 2015 verstirbt oder davor, sollte man sich genau überlegen. Während nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die teilweise Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, alles gebannt auf die Versuche des Gesetzgebers starrt, ein grundgesetzkonformes Gesetz hinzubekommen, bahnt sich ab dem 17.08.2015 eine ganz andere erbrechtliche Revolution an: die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO). Bislang galt in Europa grundsätzlich, daß ein Erbfall nach dem Erbrecht des Heimatlandes des Verstorbenen beurteilt wurde. Starb ein Deutscher, der seit Jahren auf Mallorca lebte, galt gleichwohl deutsches Erbrecht.
Durchbrechungen gab es u.U. bei unbeweglichem Vermögen.
Die EU-ErbVO stellt nun auf das Erbrecht des Landes ab, in dem der Verblichene seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. Bei obigem Dauerurlauber käme also spanisches Recht zur Anwendung und nicht
deutsches. Den Begriff des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ aus dem deutschen Recht zu übernehmen ist nicht anzuraten. Gemeint ist vielmehr eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers
in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes. Dabei sollen alle relevanten Tatsachen berücksichtigt werden, insbesondere im Hinblick auf die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts des
Erblassers im betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe.
Wenn man aber in diesem Sinn in der Lage ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum Todeszeitpunkt außerhalb Deutschlands gehabt zu haben, ergeben sich erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. So
unterscheidet die EU-ErbVO nicht mehr zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen. Anwendbar ist generell das Recht des Versterbensstaates. Die bislang beliebten Vermögensverlagerungen ins
Ausland sind dann ggf. entbehrlich. Gibt es im Versterbensstaat z.B. das Institut des Pflichtteils nicht, so gehen die etwaigen deutschen Pflichtteilsberechtigten leer aus.
Nur ganz am Rande kann und muß darauf hingewiesen werden, daß sich durch die EU-ErbVO natürlich auch steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Auch auf die etwaigen steuerlichen Konsequenzen muß
deutlich hingewiesen werden. Von einem überstürzten Wegzug aus Deutschland, nur um die holden Anverwandten um ihr Pflichtteil zu bringen, ist abzuraten. Das Besteuerungsproblem will dabei
bedacht sein, sonst erbt u.U. nur der Fiskus, welchen Landes auch immer.
Abgesehen von den sich bietenden Gestaltungsmöglichkeiten, besteht grundsätzlicher Handlungsbedarf. Die EU-ErbVO gehört nämlich handwerklich eher zur Art und Güte der soeben von Karlsruhe kassierten
deutschen Erbschaftsteuer. Die von der EU-ErbVO gegebene Möglichkeit, eine Rechtsformwahl zu treffen, sollte unbedingt wahrgenommen werden. Insbesondere bei bestehenden Erbverträgen und
gemeinschaftlichen Testamenten ist die EU-ErbVO von der Sorte „Schweizer Käse“, mehr Löcher als Substanz. Wer will, daß seine Erbfolge, sein Testament oder sein Erbvertrag deutschem Recht unterliegt,
kann und sollte dies klarstellen. Diese Erklärung unterliegt der Form der Verfügung von Todes wegen.
Es kommt ja eher selten vor, aber der Bundesfinanzhof (BFH) hatte durch Urteil vom 12.5.2011 eine steuerzahlerfreundliche Entscheidung getroffen. Er hatte nämlich entschieden, daß Zivilprozeßkosten, dem Kläger, wie dem Beklagten, unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen können und somit außergewöhnliche Belastungen darstellen können, § 33 EStG. Der BFH hatte damit seine bis dahin bestehende fiskusfreundliche Rechtsprechung aufgegeben.
Dies ließ die von uns gewählten Politiker natürlich nicht lange zögern. Flugs wurde das EStG geändert; ein § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. wurde eingeführt, der den steuerlichen Abzug von Prozeßkosten (jeder Art) untersagte, es sei denn „es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“ Höher konnte man die Messlatte nicht mehr hängen.
Der Fiskus hatte aber nicht mit dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz gerechnet. Die Richter im idyllischen Neustadt an der Weinstraße haben offensichtlich sehr grundsätzliche Vorstellungen von der Ehe und meinten (Urteil vom 16.10.2014, Az. 4 K 1976/14), daß wohl die Annahme gerechtfertigt sei, daß sich Ehepartner nur dann scheiden lassen, wenn die Ehe so zerrüttet ist, daß ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich ist. Daher entspräche es ständiger, jahrzehntelanger, höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß sich die Ehepartner dem Scheidungsbegehren aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen können, so daß die Zwangsläufigkeit bei Ehescheidungen grundsätzlich zu bejahen sei. Die Ehescheidung sei gleichsam als ein Anwendungsfall, eines die Existenz betreffenden Rechtsstreits zu begreifen. Also: Kosten des Scheidungsverfahrens abzugsfähig. Nicht dagegen die Kosten der Scheidungsfolgesachen, wie Unterhalt, Versorgungsausgleich etc.
Insgesamt also ein Urteil der Sorte „erfreulich“. Bleibt nur abzuwarten, ob die Richter an unserem höchsten Fiskalgericht dies ebenso sehen. Die Richter in Neustadt haben nämlich die Revision zugelassen.
Wer selbst umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, darf von seiner Umsatzsteuerschuld die sog. Vorsteuer, das ist die Umsatzsteuer (USt.), die ihm selbst in Rechnung gestellt wird, in Abzug bringen. Der Vorsteuerabzug wird „gewährt“, wie dies im Obrigkeitsdeutsch der Finanzämter heißt, wenn die vorsteuerbehaftete bezogene Leistung einen Bezug zu den eigenen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen hat, oder zumindestens zu den eigenen allgemeinen Unternehmenskosten zählt. Dies kann oftmals zum Streit mit den Finanzämtern führen, die die Versagung des Vorsteuerabzuges als weitere sprudelnde Geldquelle entdeckt haben. So hatte in einem Fall, den der BFH zu entscheiden hatte (Urteil v. 28.8.2013, Az. XI R 4/11), ein Profifußballer einen Spielervermittler engagiert, um den Verein zu wechseln. Der war erfolgreich, legte für seine Tätigkeit Rechnung mit USt., aber nicht an den Spieler, sondern an den – vorsteuerabzugsberechtigten - Verein. Der BFH versagte den Vorsteuerabzug. Nicht der Verein, sondern der Spieler sei Nutznießer der Leistung des Vermittlers. War in diesem Fall vielleicht nur der Verein steuerlich suboptimal beraten, so ist ein neuer BFH-Fall (BFH v. 30.4.2014, Az. XI R 33/11) schon komplizierter. An einer GmbH & Co. waren die A-GmbH und der B als Kommanditisten beteiligt. Sie übertrugen ihre KG-Anteile auf eine C-GmbH. Die Kosten der Übertragung wurden der KG von Notar und WP (für die Bewertung der Anteile) in Rechnung gestellt. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Die Leistungen des Notars und des WP seien nicht der Gesellschaft, sondern den Gesellschaftern zugutegekommen, der unternehmerische Zusammenhang fehle. Dem folgte auch der BFH und ging dabei sogar weiter: die KG sei schon gar nicht Leistungsempfänger i.S. des Umsatzsteuergesetzes geworden. Aus dieser Argumentation des BFH ergibt sich ein doppeltes Problem: Kein Vorsteuerabzug durch die KG und – womöglich – die Verpflichtung von Notar und WP gleich doppelt USt. abführen zu müssen: einmal (§ 14c UStG) wegen der unberechtigten Rechnungslegung an die KG und einmal wegen der tatsächlichen Leistungserbringung an die Gesellschafter. Das beliebte Spiel, in solchen Konstellationen die Rechnung dem zu legen, der umsatzsteuerlich damit am meisten anfangen kann, dürfte nicht mehr funktionieren, jedenfalls ist deutlich mehr Sorgfalt bei den zugrunde liegenden vertraglichen Gestaltungen gefordert.
Gegen den Steuerpflichtigen, der seine Steuererklärung(en) nicht fristgerecht einreicht, kann (!) ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (§ 152 Abgabenordnung - AO -). In Zeiten der zunehmend klammer werden öffentlichen Kassen, ist aus dem „kann“ mittlerweile ein „wird festgesetzt“ geworden. Viele Unternehmen mußten dies in letzter Zeit leidvoll erfahren. Insbesondere bei der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung hat der Fiskus eine neue Geldquelle entdeckt. Trotz monatlicher Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen (die addiert grundsätzlich die Jahreserklärung ergeben müßten), wird vom Finanzamt geschätzt - natürlich mit einem mehr oder weniger deftigen Aufschlag - und gleichzeitig ein Verspätungszuschlag festgesetzt, der nicht selten im vierstelligen €-Bereich liegt. An diesem Zuschlag hält das Finanzamt selbst dann fest, wenn die Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung dann ein Guthaben des Unternehmens ergibt, was bei korrekten monatlichen Voranmeldungen keineswegs selten ist.Hintergrund ist der von der EDV der Finanzämter gesteuerte maschinelle „Vorschlag“ zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages. Der veranlagende Steuerbeamte hat hierbei nur die Wahl, den „Vorschlag" des Computers zu übernehmen, oder sich womöglich bei seinem Vorgesetzten zu rechtfertigen, warum er dies nicht getan hat. Wollte man dies als rechtsstaatliche Steuerverwaltung bezeichnen, so könnte man auch einen Raubüberfall zum "Betteln mit Schußwaffe" erklären. Eine gesetzeskonforme Ermessenentscheidung („kann“) sieht jedenfalls anders aus.
Der Computer der Berliner Steuerverwaltung ist im Übrigen so programmiert, daß er bei seinem „Vorschlag“ ausschließlich die Dauer der Verspätung berücksichtigt. Die steuerlichen Auswirkungen bleiben völlig unberücksichtigt. Diese ist aber nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH - ein Hauptkriterium für die Festsetzung und die Höhe des Verspätungszuschlages. M.a.W. ob ein steuerlicher Schaden durch die Verspätung entstanden ist, ist bei der Ermessenentscheidung über den Verspätungszuschlag entscheidend zu berücksichtigen.
Sich gegen überhöhte Verspätungszuschläge zu wehren, macht also durchaus Sinn.
Neue Fallen beim Minijob
Seit dem 01.01.2019 können aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, den sog. "Minijobs" u.U. schnell sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse werden.
Zunächst senkt der zum 01.01.2019 gestiegene Mindeslohn (jetzt 9,19 €) die maximal mögliche Stundenzahl bei Minijobs. Bisher konnte ein Minijobber 50 Stunden sozialversicherungsfrei arbeiten; jetzt sind es nur noch 48. Bestehende Arbeitsverträge müssen also sofort auf die Überschreitung dieser Grenze überprüft werden. In vielen Minijobber-Verträgen steht noch eine monatliche Arbeitszeit von 50 Stunden. Bei diesen Verträgen wird seit dem 01.01.2019 die Geringfügigkeitsgrenze überschritten; sie werden sozialversicherungspflichtig.
Eine weitere Falle steckt in der Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Dessen § 12 regelt die sog. "Arbeit auf Abruf", also wenn im Arbeitsvertrag keine eindeutigen Regelungen zur Arbeitszeit getroffen wurden. Für diesen Fall unterstellt § 12 TzBfG seit seiner Änderung zum 01.01.2019, daß eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vertraglich vereinbart ist; bis zum 31.12.2018 waren es noch 10 Stunden. Enthält also ein Minijobvertrag keine Regelungen zur Arbeitszeit, gelten ab dem 01.01.2019 20 Stunden Wochenarbeitszeit als vereinbart. Damit wird die Geringfügigkeitsgrenze überschritten; Sozialversicherungspflicht tritt ein.
In beiden Fällen können die Folgen für den Arbeitgeber gravierend sein: die Sozialversicherung kann Beiträge nachfordern, maximal für 4 Jahre. Hinzu kommt, daß der Arbeitnehmer, gerade im Fall des § 12 TzBfG, Lohn nachfordern kann.
Das war es aber immer noch nicht. Der Arbeitgeber, der einen Minijobvertrag mit dem Ehegatten hat, muß eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) beachten. Der BFH (Urteil vom 10.10.2018, Az. X R 44-45/17) meint nämlich, die Überlassung eines Firmen Pkw auch zur Privatnutzung durch den minijobbenden Ehegatten würde dem sog. Drittvergleich nicht standhalten. Anders ausgedrückt, der BFH unterstellt, daß ein Arbeitgeber einem familienfremden Minijobber keinen Firmenwagen zur Verfügung stellen würde, der auch privat genutzt werden darf. Die Auffassung kann man teilen, muß man aber nicht. In jedem Fall reiht sich diese Entscheidung nahtlos in den endlosen Kampf der Finanzverwaltung gegen die betriebliche Pkw-Nutzung ein. Freuen wird es all die Politiker, die uns am liebsten das Autofahren ganz verbieten würden. Was ja in einem Land, in dem ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze am Auto hängen, zweifellos auch sehr erstrebenswert ist.
Die Niedrigzinsphase und das Steuerrecht
In Anbetracht der Tatsache, daß die aktuelle Niedrigzinsphase schon einige Jahre anhält, muß man vielleicht daran erinnern, daß eine Zinshöhe bei Null nicht der Normalfall ist. Geschuldet ist dies dem Versuch der EZB, einige EU-Mitgliedstaaten vor der Insolvenz zu bewahren. Die Folgen der dadruch entstehenden Verwerfungen, werden uns noch lange beschäftigen. Zum Fiskus hat sich die aktuelle Null-Zins-Politik allerdings noch nicht herumgesprochen. Er geht immer noch von Zinssätzen von 5 % oder mehr aus, egal ob es z.B. um Nachzahlungszinsen (§ 233a i.V.m. § 238 AO) oder um die Abzinsung von Verbindlichkeiten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG geht.
Gemessen an den aktuellen Marktzinsen, bewegt sich der Fiskus damit am Rand des Wuchers. Da sich Fiskus und Gesetzgeber weigern, die Realität zur Kenntnis zu nehmen, haben dies einige Finanzgerichte übernommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Beschluß vom 25.04.2018, (Az. IX B 21/18) die Verfassungskonformität der Nachzahlungszinsen angezweifelt und eine Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des OVG NRW v. 10.07.2014 (14 A 1196/13), liegt dem BVerfG (1 BvR 2237/14) zur Entscheidung vor. Jüngst hat das Finanzgericht Hamburg (Beschluß vom 31.01.2019, Az. 2 V 112/18) in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Aussetzung der Vollziehung wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungszinssatzes von 5,5 % gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gewährt.
Es lohnt sich also durchaus, steuerrechtliche Normen, die von einem "normalen" Zinsniveau ausgehen, das wir seit Jahren nicht mehr haben, kritisch zu hinterfragen. So kann man durchaus vertreten, daß auch § 240 AO vefassungsrechtlich bedenklich ist. Die dort geregelten Säumniszuschläge in Höhe von 1 % der rückständigen Steuer pro Monat (!), sind zwar als Druckmittel eigener Art gedacht, den Steuerzahler zur pünktlichen Zahlung "anzuhalten", stellen somit an sich keine Zinsen dar. Es ist aber von der Rechtsprechung anerkannt, daß § 240 AO einen "Zinscharakter" hat. Falls dem aber so ist, so müssen auch die Säumniszuschläge des § 240 AO auf den Prüfstand des Grundgesetzes.
Schließlich sein noch auf die putzige Auffassung der Finanzverwaltung hingewiesen, daß negative Zinsen, die von den Banken berechnet werden, keine Zinsen im Sinne des Steuerrechts sind (Schreiben des BMF vom 27.05.2015), sondern nur eine Art Verwahr- oder Einlagegebühr, die steuerlich unbeachtlich ist. Hat das BMF schon in 2015 die womöglich kommende Abschaffung des Bargeldes geahnt. Damit wäre nämlich der Weg zu erheblichen Negativzinsen, einer stillen Enteignung, gebahnt.
Steuerminderung bei nicht anerkannten Heilmethoden
Es gibt viele Menschen, die die Schulmedizin nicht für alleinseligmachend halten. Ebenso gibt es Viele, die in wissenschenschaftlich nicht anerkannten Heilmethoden eine letzte Möglichkeit sehen, womöglich bei schweren oder chronischen Krankheiten, Hilfe zu finden. Eine gewisse Erleichterung kann es dann sein, wenn es einem gelingt, den Fiskus an den Kosten solcher Heilmaßnahmen zu beteiligen. Der Weg ist die Berücksichtigung der Kosten als außergewöhliche Belastungen, § 33 EStG. Daß dies auch bei nicht anerkannten Heilmethoden gilt, ist seit der Entscheidung des BFH (Az. VI R 88/10) unstrittig.
Nach § 33 EStG wird einem Steuerpflichtigen, dem zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der vergleichbaren Steuerpflichtigen entstehen, auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß der die zumutbare Belastung übersteigende Teil dieser Aufwendungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Hierbei streiten die Finanzämter gern über alles, am liebsten aber über die "Zwangsläufigkeit". Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arzneien, Heil- und Hilfsmittel ist normalerweise durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen. Dem sog. "Steuervereinfachungsgesetz 2011" ist es zu verdanken, daß der Nachweis bei nicht anerkannten Heilmethoden in qualifizierter Form geführt werden muß. Damit ist ein amtsärztliches Gutachten oder ein solches des medizinischen Dienstes der Krankenkassen erforderlich. Letzteres wird wohl eher selten zu bekommen sein; schließlich reden wir über Kosten, deren Erstattung die eigene Krankenkasse zuvor versagt hat.
Demzufolge muß man die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für Heilmethoden, die nicht anerkannt sind, durch amtsärztliches Gutachten nachweisen. So etwas nennt sich dann "Steuervereinfachung". Im 1. Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz muß wohl ein vom Problem betroffener Richter sitzen. Anders ist es kaum erklärlich, daß das Gericht durch Urteil vom 4. Juli 2018 (Az. 1 K 1480/16, rechtskräftig) erkannt hat, daß ein qualifizierter Nachweis auch dadurch erbracht werden kann, daß der Hausarzt ein Gutachten schreibt und der Amtsarzt dies lediglich attestiert. Im entschiedenen Fall hatte der Amtsarzt den Einzeiler verfaßt: „Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt“. Das Gericht hat aus dem Willen des Gesetzgebers, extrahiert aus dem Gesetzgebungsverfahren, geschlossen, daß ein Attest des Amtsarztes ausreicht; ein amtsärztliches Gutachten ist nicht erforderlich. Jeder der sich mit den Mühlen der Gesundheitsbürokratie auskennt, weiß, um wieviel dies den Nachweis erleichtert.
Wird ein gesamter Betrieb oder ein Unternehmensanteil veräussert, entsteht u.U. ein Veräußerungsgewinn. Dieser kann, auf Antrag, nach § 34 Abs. 3 EStG steuerbegünstigt sein, falls der veräußernde Unternehmer oder Freiberufler bei Veräußerung das 55. Lebensjahr vollendet hat. Die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen müssen dabei entgeltlich und endgültig auf einen anderen überträgen werden. Dies ist eine Steuervergünstigung, die nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden kann und daher gut überlegt sein will.
Daß bei diesem endgültigen Ausscheiden, der Teufel im Detail steckt, zeigt ein aktueller Fall des BFH (Urteil vom 21.08.2018, VIII R 2/15): der Inhaber einer Steuerberaterungskanzlei verkaufte die komplette Kanzlei (Betriebsvermögen und Mandantenstamm) mit Wirkung zum 01.04.2008. Es wurde vereinbart, daß er noch bis zum 31.12.2010 freiberuflich für den Käufer "seine" Mandanten auf dessen Rechnung weiter betreuen sollte. In der Folge kam es zum Streit und der Verkäufer verließ zum 28.02.2010 den Verkäufer. Er wurde wieder mit eigener Kanzlei tätig und nahm einen erheblichen Teil der von ihm vorher für den Käufer betreuten Mandanten mit. Wie das Leben halt so spielt.
Der Verkäufer meinte, der bei Veräußerung der Kanzlei entstandene Gewinn sei nach § 34 Abs. 3 EStG steuerbegrünstigt. Das Finanzamt sah dies völlig anders und meinte, die Zeit vom 01.04.2008 bis 28.02.2010, sei nur eine Unterbrechung seiner vorherigen Tätigkeit gewesen und keine Aufgabe derselben.
Dem folgten sowohl das Finanzgericht, als auch der BFH. Zwar sei es unschädlich, wenn der Verkäufer für den Käufer als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter tätig sei. Nimmt der Verkäufer aber nach "einer gewissen Zeit" seine Tätigkeit wieder auf, sei fraglich, ob es objektiv zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen gekommen sei. Nach Meinung des BFH sind 22 Monate (ich komme zwar auf 23, aber das wäre wohl nicht entscheidungsrelevant geworden) zu kurz, um von einem definitiven Übergang des Mandantenstamms auf den Käufer zu sprechen. Hierfür sei auch unerheblich, daß von den Parteien des Kaufvertrages dies ursprünglich anders geplant war. Entscheidend sei, wie sich der Geschehensablauf tatsächlich gezeigt habe.
Im Ergebnis also suboptimal für beide Parteien gelaufen. Der Fall zeigt aber deutlich, daß bei der Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG die konkreten Umstände der Veräußerung und der Wiederaufnahme der Tätigkeit genau zu werten sind. Die Wiederaufnahme hat dabei zeitliche und örtliche Komponenten, von denen das Ergebnis beeinfluß wird. Auch muß beachtet werden, daß die Rechtsprechung auch solche Fälle immer vom Ergebnis her wertet. Selbst dringende Gründe für eine Wiederaufnahme einer Tätigkeit können somit schnell zu einer Versagung der Steuervergünstigung führen.
Insgesamt kann man mit § 34 Abs. 3 EStG also u.U. erheblich Einkommensteuer sparen. Denkt man aber bei der Veräußerung bereits an eine spätere Wiederaunahme der Tätigkeit, so will dies genau geplant sein.
Liebes Christkind
Angeblich soll ja Winston Churchill den treffenden Satz geprägt haben, daß man keiner Statistik trauen solle, die man nicht selbst gefälscht habe. Trotzdem kommt es zuweilen vor, daß Statistiken tatsächlich die gefühlte Wirklichkeit abbilden. Daß dies solche Statistiken sind, die von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden, ist sicherlich ein Zufall. Die Statistiken von eurostat über die Einkommensverteilung und Armutsgefährdung in Europa sind so ein Beispiel. Nach den Zahlen der EU-Datensammler liegt Deutschland bestenfalls im europäischen Mittelfeld der Einkommenssituation der Bürger. Daß es den Bürgern bei weitem nicht so gut geht, wie man es im angeblich so reichen Deutschland erwarten sollte, ist offensichtlich: Die Staatsquote, also der Anteil der gesamten Wirtschaftsleistung, die der Staat auf seine Mühlen leitet, wird immer höher. Den anderes suggerierenden Statistiken des statistischen Bundesamtes, sollte man sich mit Churchills Einstellung nähern.
Angenommen, es stehen einem 100 € Brutto-Verdienst zur Verfügung. Nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialabgabe, verbleiben dann (Berechnungsgrundlage: Brutto 3.000 €, Steuer-Klasse 1 oder 4) noch rund 63 € netto. Nimmt man diese 63 € und tankt seinen Kleinwagen mit ca. 43 Liter Benzin voll, so hat man damit dem Fiskus weitere ca. 38 € eingebracht. Der Liter Benzin wird nämlich mit 64,45 Cent „Energiesteuer“ belastet. Auf alles kommt dann noch die Mehrwertsteuer. Zur Energiesteuer ist übrigens die alte Mineralölsteuer mutiert, als der Politik einfiel, man könne ja noch eine Umweltkomponente draufsatteln und mit dem erlösten Geld mächtig etwas für die Umwelt tun. Wenn man jetzt noch bedenkt, daß der Arbeitgeber (fast) die gleich Summe an Sozialabgaben aufwenden muß, also ca. 20 €, dann ergibt sich folgende Rechnung: Bruttlohn 100 €, daran verdient der Staat (Fiskus, SV) 37 € + 38 € + 20 € (Arbeitgeber), insgesamt 95 €. Der Arbeitnehmer erhält einen Warenwert von 63 € - 38 €, also 25 €. Die gesetzlichen Abgaben der Mineralölkonzerne sind noch nicht einmal berücksichtigt. Wer das als staatliche Wegelagerei bezeichnet, hat meine Zustimmung.
Daß mit einer solchen Fiskalpoilitik weite Bevölkerungskreise zunehmend in Armut geraten, ist der Politik noch nicht aufgefallen. Im Gegenteil macht sich derzeit die Umweltministerin für eine weitere Erhöhung der Energiesteuer stark. Diesmal soll das Kind Umweltsteuer heißen und den Benzinpreis weiter in die Höle treiben. Daß die Umwelt schon für die bisherigen Steuererhöhungen als Begründung herhalten mußte, fällt der Dame nicht auf. Warum auch, schließlich sollten ja viele der letzten Steuererhöhungen der Bildung zu Gute kommen und keiner hat´s gemerkt.Weihnachtszeit ist ja auch die Zeit der Wünsche: Liebes Christkind, laß Hirn auf unsere Politiker regnen! Wird zwar nicht passieren, aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt. Von wem der Satz stammt, ist mir leider unbekannt.
Das endlose Thema: der privatgenutzte Firmen-Pkw
Ein steuerlicher Dauerbrenner, und daher immer wieder gut dieses Thema aufzugreifen, ist der privat genutzte Firmen-Pkw. Auf den Prüflisten aller Betriebsprüfer steht dieses Thema ganz weit oben. Ein Grund mehr, sich damit zu beschäftigen.
Pkw, die sich im Betriebsvermögen eines Unternehmens befinden, dürfen natürlich, soweit dies arbeitsvertraglich zulässig ist, auch privat genutzt werden. Der Fiskus hält aber hierbei gern die Hand auf. Um dies zu verhindern, gibt es eine Reihe von probaten Möglichkeiten. Die Methode, die gar nicht funktioniert, ist die, dem Finanzamt zu versichern, daß der Pkw nur betrieblich genutzt werde, da man auch noch private Pkws habe. Interessiert den Fiskus und die Gerichte nicht einmal andeutungsweise. Schon besser ist es, wenn man dem Finanzamt nachweisen kann, daß sich die Schlüssel der Firmen-Pkw in einem Schlüsselkasten im Betrieb befinden, aus dem der Firmeninhaber oder der Geschäftsführer, diese jeweils bei Bedarf herausgeben und der Mitarbeiter die Schlüssel am Ende des Arbeitstages zurückgeben muß. Beim Unternehmer selbst oder beim Geschäftsführer funktioniert dies aber nicht. In dessen Herz würden dann ja quasi zwei Herzen schlagen. Das eine sagt: "Ich möchte mit dem Dienst-Mercedes zum Theater fahren." Und das andere antwortet vermutlich: "Na mach doch, mach doch." Geht also leider nicht. Selbst ein Nutzungsverbot im Vertrag des Geschäftsführers reicht nicht. Unternehmer und Geschäftsführer müssen sich also mit der widerleglichen Vermutung auseinandersetzen, Firmen-Pkws auch privat zu nutzen. Der klassische Weg die Vermutung zu widerlegen ist es, ein Fahrtenbuch zu führen. Abgesehen vom Lästigkeitsfaktor dieser Lösung, pflegen Betriebsprüfer gern solange Fahrtenbücher mit Belegen (Werkstattrechnungen, Tankbelegen, Knöllchen) abzugleichen, bis sie endlich ein vermeintliches Schummeln nachweisen können. Wer sich dies nicht antun will, dem verbleibt die 1-%-Lösung, d.h. es wird monatlich 1 % des Bruttolistenneupreises des genutzten Pkw versteuert. Sehr ärgerlich bei älteren Gebrauchtwagen, die einst viel Geld gekostet haben.
Also, was bleibt an Lösungen? Einmal die von mir für Mandanten seit Jahren praktizierte "Oldtimerlösung". Wer ohnehin einen Hang zu Oldtimern hat (bitte nicht dem Prüfer auf die Nase binden!) und auch noch gewisse berufliche Repräsentationspflichten erfüllen muß, kann sich ja z.B. einen Mercedes 190 SL aus dem Jahre 1955 zulegen. Bei diesem ist die Versteuerung von 1 % des Listenpreises aus 1955 eher zu vernachlässigen. Schließlich kann man den Spieß umdrehen und statt einen Firmen-Pkw anzuschaffen, den privaten Pkw für die Firma nutzen. Die betrieblich gefahrenen Kilometer weist man durch eine schlichte Auflistung, die kein Fahrtenbuch ist, nach. Die Kosten können pauschal oder nach tatsächlichen Kosten dem Unternehmen in Rechnung gestellt werden.
Vorsteuer und gemischt genutze Gebäude
Die Vorsteuer kann man aus eingehenden Rechnungen als sog. Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen, falls und soweit die damit berechnete Lieferung oder Leistung im Zusammenhang mit eigenen steuerpflichtigen Umsätzen steht, § 15 UStG. Erbringt man sowohl umsatzsteuerpflichtige, als auch umsatzsteuerbefreite Umsätze, so geht der Streit mit dem Finanzamt los, wie die Vorsteuer aufzuteilen ist.
Zunächst muß geklärt werden, ob eine Eingangsrechnung direkt zugeordnet werden kann, ob die Lieferung oder Leistung aus der Eingangsrechnung also eindeutig, den eigenen USt.-pflichtigen Leistungen zuzuordnen ist. Ein Zahnarzt mit eigenem Labor – und damit teils umsatzsteuerpflichtigen Leistungen – kann die Vorsteuer aus dem Ankauf von Laborgeräten direkt zuordnen und damit abziehen. Aber bereits bei eingehenden Telefonrechnungen stellt sich die Frage nach der Aufteilung der Vorsteuer.
Richtig erheblich wird die Aufteilungsproblematik bei Bau und Vermietung von Immobilien. Nur bei gewerblicher Vermietung kann man zur Umsatzsteuerpflicht optieren und damit Vorsteuern abziehen. Bei wohnwirtschaftlicher Vermietung ist dies ausgeschlossen. Wird nun eine später gemischt genutzte Immobilie errichtet, so ist die Frage der Vorsteueraufteilung alles andere als trivial. Die Finanzverwaltung wendet hierbei grundsätzlich den Flächenschlüssel an, d.h. die errichtete Fläche wird nach späterer umsatztsteuerpflichtiger und –freier Vermietung aufgeteilt und der sich ergebende Prozentsatz auf die Summe der Vorsteuer angewandt. Das andere Extrem ist der Umsatzschlüssel, der die Aufteilung nicht nach Flächen- sondern Umsatzanteilen vornimmt. Da gewerblichen Mieten regelmäßig höher sind, führt dies zu Ergebnissen, die für den Steuerpflichtigen günstiger sind.
Das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil v. 20.07.2018 - 1 K 2798/16 U) hatte hierzu einen Fall zu entscheiden, der die gesamte Breite der Rechtsprechung (Finanzgericht, Bundesfinanzhof, EuGH) in Anspruch genommen hat. Im Ergebnis wurde der Umsatzschlüssel verworfen und das Gericht wandte den Flächenschlüssel an. Interessant ist die Begründung: Zwar sei der Umsatzschlüssel grundsätzlich auch anwendbar, aber der Steuerpflichtige trage die Darlegungs- und Beweislast für erhebliche Ausstattungsunterschiede (und damit Kosten) zwischen den gewerblich und den wohnwirtschaftlich errichteten Flächen. Das Gericht hängte die Hürden hierfür recht hoch. Jedem Bauherren solcher gemischtgenutzter Flächen kann man nur raten, in der Planungs- und Bauphase die jeweils auf die Teilflächen entfallenden Kosten genau zu dokumentieren und vom Archtiekten entsprechende Nachweise fertigen zu lassen. Bei der Vorsteueraufteilung zahlt sich dies aus.
Die offenbare Unrichtigkeit im Steuerbescheid
§ 129 Abgabenordnung (AO) bestimmt, daß die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen kann. Es gibt im gesamten Steuerrecht wohl nur wenige andere Vorschriften, an denen sich ablesen läßt, wie im Steuerrecht rechtsstaatliche Maßstäbe ins Wanken geraten sind. Da mit § 129 AO die Bestandskraft von Steuerbescheiden durchbrochen werden kann, ist die Vorschrift schon an sich fragwürdig. Die Bestandskraft dient nämlich - unter anderem – dem Rechtsfrieden zwischen Bürger und Verwaltung und dies sollte eigentlich ein hohes Gut sein. Richtig fragwürdig wird die Vorschrift aber, sobald man sich die Praxis der Rechtsprechung hierzu ansieht. § 129 AO soll die Änderungsmöglichkeit bei "mechanischen" Fehlern der verwaltung eröffnen. Abzugrenzen sein sollen solche mechanischen Fehler, wie etwa Zahlendreher, von Fehlern der Rechtsanwendung. Hat ein Finanzbeamter einen Fehler der Rechtsanwendung begangen, soll dies kein Fall des § 129 AO sein. Soweit die Theorie. Die Rechtsprechung der Gerichte sieht anders aus. Bei der Lektüre der vielen Urteile und Beschlüsse zu § 129 AO kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Abgrenzung - mechanischer Fehler / Rechtsanwandung – gern nach dem fiskalischen Ergebnis getroffen wird. So auch wieder jüngst das Finanzgericht München (Urteil vom 26.02.2018, Az. 7 K 1569/17). In diesem Fall forderte die klagende GmbH die Änderung eines Steuerbescheides, da der Veranlagungssachbearbeiter beim FA, einen Fehler der GmbH in der Steuererklärung, übernommen habe.Das FG München lehnte dies ab, da der Sachbearbeiter sich zu dem strittigen Fehler Gedanken gemacht habe. Die Überlegungen des FG hierzu klingen etwas gequält. Man fragt sich beim Studium dieses Urteils einmal mehr, ob es nicht irgendwie immer so sein sollte, daß sich ein Finanzbeamter Gedanken bei seiner Arbeit macht. In dem FG Urteil strebte die klagende GmbH die Änderung an. Deshalb wurde tief gegraben, um Überlegungen des Beamten feststellen zu können. Soll die Änderung im Interesse des FA ergehen, das ist bei § 129 AO die Regel, so gwinnt man in den Urteilen den Eindruck, Finanzbeamter würden ihre Arbeit fast nur "mechanisch" machen, Änderungen werden von den Gerichten regelmäßig durchgewunken. Zu § 129 AO-Entscheidungen der Finanzämter zu klagen, ist reines Glücksspiel. Daß diese Willkür durch den neuen § 173 a AO jetzt auch noch auf etwaige Fehler des Steuerpflichtigen übertragen wird, macht die Sache mitnichten besser. Hier geht leider wieder ein Stück Rechtsstaat im Steuerrecht verloren.
Die Umsatzsteuer und der Briefkasten
Mein Verhältnis zur Umsatzsteuer ist im wahrsten Sinne des Wortes leiderschaftlich. Immer wenn ich erklären muß, was mir an unserem Steuersystem mißfällt, greife ich auf diese Steuer zurück. Man kann an ihr z.B. so schön erklären, mit welchen Lasten und Pflichten der Fiskus die Unternehmen im Lande überhäuft. Die Unternehmen dürfen die Steuer – mit ihren Ausgangsrechnungen - berechnen, eintreiben und an das Finanzamt abführen. Natürlich alles kostenlos für den Fiskus. Dafür wird Ihnen "gewährt", wie es so schön im Obrigkeitsdeutsch heißt, die ihnen selbst, von anderen Unternehmen, berechnete Umsatzsteuer als sog. Vorsteuer mit ihrer Umsatzsteuerzahllast zu verrechnen. Wenn die Unternehmen nur die ganze Arbeit mit dieser Steuer hätten, ohne auch nur einen Cent für ihre Mühewaltung zu sehen, ginge das ja noch an. Weniger schön ist, daß Ihnen auch noch das gesamte Risiko des Systems aufgebürdet wird. Das Stichwort "Versagung des Vorsteuerabzuges" ist hierbei entscheidend. Beispiel: Ein betrügerischer Unternehmer schreibt fröhlich Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis, ohne die Steuer jemals an den Fiskus abzuführen. Dann wird seitens der Finanzämter regelmäßig versucht, dem Rechnungsempfänger dies, über die Versagung des Vorsteuerabzuges, wirtschaftlich anzulasten. Bei der Erfindung von Versagungsgründen sind die Finanzämter und die Finanzgericht im Laufe der Jahre immer phantasievoller geworden. Die Versagung des Vorsteuerabzugs hat mittlerweile Ausmaße angenommen, daß man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dies sei ein weiterer Weg zur Maximierung des Steueraufkommens. Auch hierfür ein Beispiel: Der Bundesfinanzhof (BFH), unser oberstes Steuergericht, ist von jeher sehr phantasiebegabt, wenn es darum geht, mit reinen Formalien die Rechte der sog. Steuerpflichtigen zu beschneiden. Beim Vorsteuerabzug mußte hierfür oftmals z.B. schon die Anschrift des leistenden Unternehmers auf der Rechnung herhalten. Nach dem UStG muß der leistende Unternehmer in seiner Rechnung seinen vollständigen Namen und seine vollständige Anschrift angeben. Beide Senate des BFH, die für die USt. zuständig sind, waren der Meinung, daß eine "Briefkastenadresse" keine Adresse im umsatzsteuerlichen Sinne sei. Unter der angegebenen Anschrift müsse der Rechnungsleger "aktiv" sein. Der Rechnungsempfänger müsse sich davon überzeugen, daß kein Briefkastenfall vorliege. Da die Unternehmen in der Regel besseres zu tun haben als die Adressen von Eingangsrechnungen abzufahren, kam es hierzu zu diversen Rechtsstreiten. Beide Senate des BFH haben nunmehr einsehen müssen, daß ihre Rechtsprechung schlicht nicht geltendem Recht entsprach. Zuletzt gab der 11. Senat klein bei (Urteil v. 13.6.2018 - XI R 20/14) und erkannte an, daß es ausreicht, wenn der rechnungslegende Unternehmer unter der "Briefkasteanadresse" postalisch erreichbar sei. Hieraus eine Bewegung des BFH hin zu einer Rechtsprechung, die auch Nutzen und Lasten des Umsatzsteuersystems berücksichtigt, zu erhoffen, wäre mehr als verfrüht. Der BFH sah sich zur Änderung seiner Rechtsprechung nur durch ein klares Urteil des EuGH gezwungen. Das Umsatzsteuersystem soll ja dereinst europaweit einheitlich gelten. Auf dem Weg dahin wird es immer komplizierter und problembehafteter. Die Risiken einseitig auf die Unternehmen abzuwälzen, wie es Fiskus und Finanzgerichte durchgängig tun, ist mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu vereinen. Der EuGU wird künftig noch oft bemüht werden müssen.
Grunderwerbsteuer bei Kaufpreisminderung
Es ist ein Fall, der gar nicht so selten vorkommt: eine Immobilie wurde verkauft, der Kaufvertrag ist abgewickelt und die Grunderwerbsteuer wurde bezahlt. Nachträglich einigen sich die Parteien des Kaufvertrages auf eine Minderung des Kaufpreises. Hierfür kann es die unterschiedlichsten Gründe geben. Die interessante steuerliche Frage, die sich dabei stellt: führt dies eigentlich zu einer (nachträglichen) Minderung der bereits festgesetzten und gezahlten Grunderwerbsteuer? Bei der Beantwortung dieser Frage ist zunächst eine wichtige Frist zu beachten. Eine Änderung der Festsetzung der Grunderwerbsteuer ist grundsätzlich nur innerhalb einer Frist von 2 Jahren ab Entstehung der Steuer möglich, § 16 GrEStG. Dies betrifft sowohl die Fälle, in denen der Erwerbsvorgang vollständig rückgängig gemacht wird (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), als auch für den Fall einer nachträglichen Reduzierung des Kaufpreises (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). Entstanden ist die Steuer(pflicht) im Regelfall mit Abschluß des notariellen Kaufvertrages. Das relevante Ereignis (Rückgängigmachung, Reduzierung des Kaufpreises) muß innerhalb der Frist erfolgt sein. Der Antrag auf Änderung kann auch noch danach erfolgen. Allerdings ist auch dies nur innerhalb der sog. Festsetzungsfrist möglich. Diese Frist wiederum beträgt 4 Jahre (§ 169 Abs. 2 Abgabenordnung –AO-).
Das Finanzgericht München (Urteil v. 11.04.2018 – Az. 4 K 103/18) hatte sich jetzt mit einem Fall zu beschäftigen, in dem die Kaufpreisreduzierung zwar binnen der 2-Jahresfrist erfolgt war, der Verkäufer aber den Antrag erst nach Ablauf aller Fristen gestellt hatte. Er kam aber auf den durchaus erwägenswerten Gedanken, die Kaufpreisreduierung als steuerlich rückwirkendes Ereignis zu betrachten (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO). Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Man ahnt schon, daß man mit dieser Vorschrift mitten im Spannungsfeld zwischen Rechtssicherheit, materieller Rechtsrichtigkeit und Vertrauensschutz ist. Daß der Bundesfinanzhof (BFH) in der Vergangenheit hierbei mehrfach die materielle Rechtsrichtigkeit betont hat, wird immer wieder gern vergessen; auch vom BFH selbst. Es verwundert daher keineswegs, daß auch das FG München um eine enge Auslegung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bemüht war. Die Begründung des Gerichts ist eher dürftig. Die Kaufpreisreduzierung sei durch Vergleich vereinbart worden. Dieser Vergleich entfalte seine Wirkung nur für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit. Diese Begründung kann überzeugen, muß sie aber nicht. Immerhin hat das Gericht die Revision zum BFH zugelassen. Auf die Revisionsentscheidung (Revision ist anhängig, Az. des BFH II R 15/18) darf man gespannt sein.
|
|
|